Über 100 Fledermauskundler aus Deutschland und der Welt trafen sich am 27. und 28.04.2024 in der Zitadelle Spandau, um sich über die Populationstrends der heimischen Fledermausarten auszutauschen. Die Wahl des Tagungsortes in der Zitadelle war ebenfalls kein Zufall, so gilt diese doch als großes Winterquartier für mehrere tausend Fledermäuse. Zudem konnten im Fledermauskeller, welcher vom BAT e.V. betrieben wird, exotische Arten, wie Nilflughund, Brillenblattnase und Kleine Lanzen-Nase bestaunt werden.
Das Thema der Tagung „Populationstrends von Fledermäusen – vom Monitoring über die Analyse zum Schutz“ war zugleich Abschlusstagung des Projektes „Bedrohte Daten von bedrohten Arten“ und Auftaktveranstaltung des Projektes „BatTrend“ der Universität Greifswald, welche vom Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesumweltministeriums gefördert werden. Wissenschaftler, praktische Fledermausschützer und Ehrenamtliche trugen die mühevolle Arbeit ihrer eigenen Monitoring-Projekte vor, es wurde über die richtigen Berechnungsmethoden und Modelle für die Populationstrends diskutiert und einige Beiträge zeigten auch die Bedeutung und Ergebnisse der Schutzbemühungen.
Nachdem Jörg Harder, Vorsitzender des lokalen BAT e.V. und Mitglied der Deutschen Fledermauswarte Grußworte und Organisatorisches mitteilte, wurde die Tagung von Prof. Dr. Gerald Kerth von der Universität Greifswald und Melanie Neukirchen vom Bundesamt für Naturschutz eröffnet. Im Anschluss erläuterte Ruth Petermann, derzeit Vorsitzende des Beratenden Ausschusses von EUROBATS und Mitarbeiterin im Bundesumweltministerium, die Bedeutsamkeit von Fledermausdaten. Es folgte Dr. Simon Ripperger (LfU Bayern) mit der Erfolgsgeschichte der Rettung der bayrischen Großen Hufeisennasen-Wochenstube und weiteren Monitoring-Ergebnissen. Mit Nicolas Strebel (Schweizer Vogelschutzwarte) folgte ein Vortrag über die Abschätzung der Populationstrends der Schweizer Brutvögel. Der Blick in die Ornithologie ist auch für die Fledermaus-Populationstrends hilfreich, aufgrund längerer Daten-Reihen und folglich größerer Erfahrung in Bezug auf die Berechnung. Den letzten Vortrag des Vormittagsblocks hielt Dr. Marcus Fritze (Deutsche Fledermauswarte, Uni Greifswald und Kompetenzstelle Fledermausschutz Sachsen-Anhalt) und stellte den bundesweiten digitalen Fledermausatlas BATLAS (https://batlas.info/) vor. Dieser umfasst bereits viele jahrzehntelange Fledermauszähldaten und liefert Populationstrends von vielen heimischen Fledermausarten.
Über einen Zeitraum von mehr als 25 Jahren untersuchte Harry Weidner aus Thüringen (ebenfalls Mitglied der Deutschen Fledermauswarte) seine Fransenfledermaus-Kolonien und stellte seine Ergebnisse und Erkenntnisse vor. Wigbert Schorcht (IFT Thüringen und Büro Nachtaktiv) berichtet im Anschluss vom Monitoring der Kleinabendsegler, einer Langzeitstudie aus Thüringen. Vor der Kaffeepause brachte Dr. Saskia Schirmer (Uni Greifswald) dem Publikum statistische Fang-Wiederfang-Analysen näher.
Nach der Kaffeepause stellte Volker Kelm (Barbastella e.V. und K&S Umweltgutachten) sein 15-jähriges Fledermaus-Monitoring in der Spree-Aue vor. Es folgte Marko Rossner (hochfrequent) mit der Vorstellung der Ergebnisse und Herausforderungen zum akustischen Dauermonitoring der Waldfledermausarten und zeigte, dass sich Klimaveränderungen, wie beispielsweise Trockenjahre, durchaus in den Erfassungsergebnissen widerspiegeln. Den letzten Vortrag des Samstags hielt Holger Meinig und stellte die Systematik der Gefährdungseinstufung der Roten Liste Deutschlands vor und ging im Besonderen auf die Problematik der bioakustischen Fledermausdaten ein.
Es folgte ein schöner Grillabend in den historischen Gemäuern der Zitadelle an dem reichlich gegessen und diskutiert wurde.
Der Sonntag war dem neuen BatTrend Projekt gewidmet. Den Einstieg und Hintergrund des Projektes lieferte Prof. Dr. Gerald Kerth. Es folgte Dr. Alexander Scheuerlein zur Analyse von Langzeitdaten zur Schätzung von demographischen Parametern. Auch hier war der Blick in die Ornithologie sehr anschaulich und schuf Neugier auf zukünftige Erkenntnisse aus Fledermausforschung. Dr. Jaap van Schaik gab im Anschluss Einblicke in die Methoden, die zukünftig näher erforscht werden sollen um Populationstrendschätzungen weiterzuentwickeln: Lichtschranken-Fotofallen, Bioakustik und die Nutzung von Umwelt-DNA. Zum Abschluss erläuterten Dr. Marcus Fritze und Dr. Saskia Schirmer wie die einzelnen Datentypen der verschiedenen Methoden in den BATLAS integriert werden sollen. Oberstes Ziel ist es, für jede Fledermausart die bestmögliche Monitoring-Methode zu nutzen und Populationstrends für die Öffentlichkeit bereitzustellen. Zum Abschluss erfolgte eine fachliche Diskussion mit Beiträgen aus dem Plenum zu den besprochenen Ideen des Forschungsprojektes, welche von Dr. Sandra Balzer (Leiterin der Abteilung Zoologischer Artenschutz des BfN) geleitet wurde, die im Anschluss auch die Schlussworte zur Veranstaltung sprach.