Soziale Jagdstrategien sind bereits bei vielen Tierarten bekannt, deren Beute sich unregelmäßig in der Landschaft verteilt. Nun wurde beim Großen Abendsegler (Nyctalus noctula) dokumentiert, dass sich Gruppen dieser Tiere zu einem mobilen sensorischen Netzwerk zusammenschließen, um gemeinsam auf Beutefang zu gehen. Während der Suche stehen die Tiere miteinander in Kontakt und tauschen über akustische Laute Informationen über ihre Umwelt aus. So werden auch Informationen über Insektenakumulationen an Artgenossen weitergegeben. Dies ist von großem Vorteil für die Tiere, da die Distanz, über welche die Fledermäuse die Insekten per Ultraschall orten können, mit etwa 10 -15 Metern relativ klein ist, was das Aufspüren der Beute erschwert. Dahingegen nehmen die Tiere ihre eigenen Artgenossen über sehr viel größere Entfernungen, im Idealfall bis zu 160 Meter, wahr. Die Suche in der Gruppe ist demnach effizienter.
Für die Untersuchung wurden insgesamt Flugmuster von 81 Individuen in uckermärmischen Agrarlandschaft untersucht. Hierfür wurden spezielle Sender verwendet, die Signale an einen Verbund von Antennen senden (sog. ATLAS-System). So war es möglich, die Bewegung dutzender Tiere gleichzeitig aufzuzeichnen. Die Forscher beobachteten, dass sich die Tiere nach dem Ausflug auffächern um ein relativ großes Gebiet abzusuchen. Dabei bleiben sie aber in akustischem Kontakt bzw. in Reichweite. Sobald ein Tier im Netzwerk einen Schwarm Beuteinsekten findet, bekommen das die Nachbarn über Veränderungen in den Flugbewegungen und anhand speziell zur Insektenjagd genutzter Ultraschallrufe mit, wodurch nach und nach alle Tiere im sensorischen Netzwerk auf das lohnende Jagdgebiet aufmerksam werden. Die Forscher verglichen die Effizienz der Nahrungssuche von „vernetzten“ Fledermäusen mit der von Einzeljägern in Abhängigkeit von Gruppengröße und Nahrungsverteilung.
Mit Hilfe eines Computer-Modells wurde statistisch belegt, dass ‚vernetzte‘ Tiere 40% weniger Zeit brauchten um Beute aufzuspüren als Individuen, die ihre Artgenossen während der Jagd ignorierten. Durch die Jagd in der Gruppe können die Tiere somit auch in großräumigen Kulturlandschaften Beute finden und tragen dabei effektiv zur Kontrolle landwirtschaftlicher Schadinsekten bei. Zu bemerken ist, dass dazu ein konsequenter Schutz der Fledermäuse und ihrer Quartierverbünde auch in intensiv genutzen Landschaften notwendig ist, denn wenn die lokale Population zu klein wird, ist es den Tieren nicht mehr möglich, effiziente Netzwerke zu bilden und schnell und zuverlässig Nahrung zu finden.

Eine Gruppe Große Abendsegler (Nyctalus noctula)

Original-Studie:

Roeleke, M., Schlägel, U. E., Gallagher, C., Pufelski, J., Blohm, T., Nathan, R., … & Voigt, C. C. (2022). Insectivorous bats form mobile sensory networks to optimize prey localization: The case of the common noctule bat. Proceedings of the National Academy of Sciences, 119(33), e2203663119. https://doi.org/10.1073/pnas.2203663119

Insektenfressende Fledermäuse bilden mobile sensorische Netzwerke, um die Beutelokalisierung zu optimieren: Der Fall des Großen Abendseglers