In dieser Studie wurde das Raumnutzungsverhalten und die Habitatnutzung der beiden sympatrisch vorkommenden Langohrfledermausarten Plecotus auritus und Plecotus austriacus im Havelland (Brandenburg) untersucht. Die Datenerhebung wurde im Zeitraum von 2013 bis 2015 unter Einbeziehung verschiedener Untersuchungsmethoden realisiert, darunter Netzfang, Radiotelemetrie, sowie jahreszeitlich differenzierte Analyse von Kot- und Fraßresten aus ausgewählten Quartieren. Trotz ihrer ökomorphologischen Ähnlichkeit und damit Nischenüberlappung weisen Plecotus auritus und Plecotus austriacus bemerkenswerte Unterschiede in ihrem räumlichen Verhalten und der Habitatnutzung auf: die Gesamtaktivitätsareale (100% Minimum Convex Polygone, MCP) von Plecotus austriacus waren im Vergleich zu Plecotus auritus bis zu fünfmal größer. Die Aktivitätsareale von Plecotus austriacus enthielten bis zu 11 verschiedene Kern(jagd-)gebiete, die etwa dreimal so groß waren wie die Kern(jagd-)gebiete von Plecotus auritus . P. austriacus jagte in Entfernungen bis zu 6 km von seinen Tagesquartieren entfernt, die ausschließlich in Gebäuden zu finden waren. Während P. austriacus am häufigsten über Weiden (>40 %) und Wiesen (>20 %) lokalisiert wurde, wurde P. auritus meist in lückenhaften Laub- (>50 %) und Mischwäldern (>30 %) in unmittelbarer Nähe (500 m) zu seinen Quartieren lokalisiert.
Angesichts der geringen Unterschiede in den Körpermaßen und der großen phänotypischen Ähnlichkeit der beiden Arten erscheint dieser enorme Verhaltensunterschied sehr interessant und wirft eine Reihe von Fragen auf. Wie können die Arten so unterschiedliche räumliche Strategien angesichts ihrer ähnlichen organismischen Fähigkeiten und Limitationen realisieren?
P. auritus und P. austriacus kommen hier zwar im selben Lebensraum vor, haben aber möglicherweise unterschiedliche Präferenzen für verschiedene Teilmengen der begrenzenden Ressource entwickelt, was mit erheblichen Veränderungen in der Habitatnutzung bei sympatrischem Vorkommen einhergehen könnte. Die ökologische Differenzierung, die es diesen beiden Arten ermöglicht in ihrer Umwelt zu koexistieren, scheint daher hauptsächlich durch die räumliche Ressourcenaufteilung begründet zu sein.
Die Zusammenschau dieser Ergebnisse gibt Anlass, diese interspezifischen ökologischen Unterschiede und artspezifischen Anforderungen von P. auritus und P. austriacus stärker zu berücksichtigen, z.B. bei Planungsvorhaben aber auch, um die derzeitigen Schutzmaßnahmen gegebenenfalls anzupassen.
Original-Studie:
Starik, N., Göttert, T., & Zeller, U. (2021). Spatial Behavior and Habitat Use of Two Sympatric Bat Species. Animals, 11(12), 3460. DOI: 10.3390/ani11123460